Was nachhaltige Entwicklung braucht – Ein Erfahrungsbericht aus Asien

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Im Zuge meiner jüngsten Arbeiten für unser Projekt Metabuild im Juni 2017 konnte ich in den beiden asiatischen Ländern Nepal und SriLanka

  • mit interkulturellen Teams Projekte zur betrieblichen Ressourceneffizienz entwickeln
  • Unternehmen besuchen, die an eben diesen Projekten für nachhaltige Entwicklung und Ressourceneffizienz teilnehmen.

Das bot mir die Gelegenheit, meine Erfahrungen mit kulturspezifischen Herangehensweisen zu schärfen.

Zudem konnte ich einmal mehr sehen, welch deutliche Relevanz die wirtschaftliche Situation des Landes, der Volkswirtschaft für die Einstellung der Führungskräfte in Unternehmen bezüglich nachhaltiger Entwicklung hat. Kurz könnte man zusammenfassen: Je mehr Zuversicht in die wirtschaftliche Entwicklung, je mehr Vertrauen in die staatlichen Institutionen, desto höher die Bereitschaft zu langfristigem Denken das auch komplexe Zusammenhänge berücksichtigt.

Die Rolle der Kultur

Mit Kultur meine ich sowohl die landesüblichen Formen des Zusammenlebens, Kommunizierens, Arbeitens, die aus der Tradition und Religion bedingt sind, als auch die jeweilige betriebliche Kultur, die stark von der Unternehmensleitung geprägt ist. Beide – ‚nationale‘ wie ‚betriebliche‘ Kultur – haben großen Einfluss auf die Erfolge der Beratungsprojekte zu nachhaltiger Entwicklung und Ressourceneffizienz. Man trifft auf sie in unterschiedlichen Ausprägungen.

Die international besetzten Projektteams sind von regionalen Kulturaspekten etwas unabhängiger, als die Teams in den Betrieben – selbst wenn ein Großteil der Teammitglieder aus der Region kommt. Innerhalb dieser Projektteams können wir mit unserem holistischen-Ansatz – dazu etwas später – gut arbeiten. In den Unternehmen sind nationale und betriebliche Kultur­ausprägungen stärker.

Die kulturelle Situation gilt es jedenfalls zu berücksichtigen, wenn ein Projekt gelingen soll. Lassen Sie mich Beispiele darlegen.

In Nepal arbeite ich im Rahmen des METABUILD Projektes mit dem lokalen Projektpartner SEED Nepal.  SEED ist ein Beratungsunternehmen zur Ressourceneffizienz und Cleaner Production (RECP), das schon seit ca. 15 Jahren  – mit einem gut eingespielten Kernteam – in Nepal tätig ist. Das lokale Projektteam besteht aus rund 10 KollegInnen, davon die Hälfte junge Leute mit technischem Background die für unser Projekt angestellt wurden und ausgebildet werden. In Nepal ist – auch wenn offiziell nicht existent – das Kastenwesen noch deutlich ausgeprägt. Außerdem spielt das ‚Senioritätsprinzip‘ eine große Rolle – das heisst, dass man sich Ansehen und Glaubwürdigkeit mehr durch Alter, als durch Leistung erwirbt.

Bei den Besuchen in den Unternehmen, legen wir daher großen Wert darauf, Rang und Erfahrung unserer Teammitglieder hervorzuheben. Innerhalb des Projektteams spielt das keine so große Rolle spielt – auch dank des holistischen Ansatzes, den wir verwenden. Als Europäer ‚fühle‘ ich hier einen Startvorteil: ich bin vom Kastenwesen nicht belastet und Europa hat in Sachen Umweltschutz und technischer Entwicklung ein ausgezeichnetes Image. Darum werden meine Beiträge sehr positiv auf- und angenommen. Wir setzen diese Vorteile auch bewusst ein, um die Arbeit unsere jungen KollegInnen vor Ort zu unterstützen: Wir betonen, dass ein großes, internationales und sehr erfahrenes Team an METABUILD arbeitet.

In Sri Lanka ist die Situation einerseits ähnlich – starke Hierarchien, sozialer Rang ist sehr wichtig. Andererseits erfährt das Land trotz des Bürgerkrieges – der erst vor knapp 10 Jahren endete – eine stabile, demokratische Entwicklung. Auch die wirtschaftliche Entwicklung läuft gut, die Wirtschaft wächst um die 4% jährlich, die Stimmung in den Betrieben ist insgesamt positiv.

Auch der Sri Lankesische lokale Partner – National cleaner production Center SriLanka NCPC –  verfügt über viel Erfahrung im Bereich Ressourceneffizienz und Cleaner Production und hat ein eingespieltes Team. Die Mitarbeiter sehen sich als Teil der NCPC- ‚Familie‘. Bei unserer gemeinsamen Abschlussveranstaltung kamen auch EhepartnerInnen und Kinder.

Wie gehen wir mit kulturellen Aspekten um?

Bei den Teammeetings der internationalen Projektteams, setzen wir holistische Moderation (Whole Person Process Facilitation) ein. Diese Meetings sind ein zentraler Punkt unserer Arbeit – vom Herstellen eines gemeinsamen Projektverständnisses in Kickoff-Meetings in unterschiedlichen Projektebenen bis zu den Trainings selbst sind sie eines unserer wichtigsten Werkzeuge. Durch die Methode und Haltung geschieht Teambuilding im besten Sinn quasi als Nebenprodukt.

In den Meetings sind ja immer Hierarchien vertreten und wir müssen natürlich am Ende auch einen bestimmten Projekterfolg erreichen und nachweisen. Dennoch können wir mit WPPF (so die Kurzform) so arbeiten, dass alle gerne und gut beitragen, das Ergebnis mittragen und auch danach handeln.

Während der Meetings

  • sind Hierarchien ‚ausgesetzt‘
  • es zählen alle Beiträge unabhängig von Rang, Namen, Geschlecht
  • jede und jeder soll Erfahrungen, Wissen, Erkenntnisse einbringen
  • jeder und jedem wird gleichermaßen Gehör geschenkt
  • respektvolles Zuhören ist ein Grundelement

Wenn wir das berücksichtigen, können wir auf das volle Wissen aller TeilnehmerInnen zugreifen. Zudem stärken wir die Identifikation mit den Projektzielen und Aufgaben. Dadurch entsteht eine Projektplanung mit klaren Abläufen und Verantwortungen die vom gesamten Team mitgetragen wird. Das trägt ganz entscheidend zum Gelingen unserer Projekte bei.

Dazu eine persönliche Bemerkung: ‚Respektvolles Zuhören‘ ist wohl eines der wichtigsten Elemente in der Beratung und generell im Umgang miteinander. Leider wird darauf nur allzu oft vergessen.

Gruppenarbeit

Was nachhaltige Entwicklung braucht – Ein Erfahrungsbericht aus Asien

Training - Start am Morgen

Was nachhaltige Entwicklung braucht – Ein Erfahrungsbericht aus Asien

Wer ist bereit für nachhaltige Entwicklung?

Nachhaltige Entwicklung hat den Anspruch, die Probleme von heute zu lösen, ohne zukünftige zu schaffen. Man könnte meinen, Ländern mit vergleichsweise rückständiger wirtschaftlicher Entwicklung, läge das Konzept besonders am Herzen. Das lässt sich nicht unbedingt bestätigen. Oftmals ist das Hemd, also die eigene lokale Gegenwart, doch deutlich näher, als die fremde Ferne und ferne Zukunft. Es scheint, dass Grundbedürfnisse nach Vertrauen und Sicherheit erfüllt sein müssen, bevor sich eine Gesellschaft an die Lösung von Problemen höherer Komplexitätsgrade machen kann.

Bei Nepals Führungskräften haben Umweltschutz und Nachhaltigkeit einen eher geringen Stellenwert. Schwerpunkte, bzw. Problembereiche sind die politisch instabile Lage, Energieversorgung und die Arbeitskräfte. Der nepalesische Markt für metallverarbeitende Betriebe (Schwerpunkt des Projektes METABUILD ist die Herstellung und Verarbeitung von Metallen) war bisher in sich geschlossen, d.h. die meisten Produkte werden für den lokalen Markt produziert. Das hat dazu geführt, dass viele Anlagen veraltet sind und die Steigerungen der (Ressourcen)Effizienz (Energie, Material aber auch Human Ressources) nicht im Vordergrund standen. Nun spüren aber viele Betriebe auch in Nepal Mitbewerber aus China und damit die Notwendigkeit effizienter zu werden.

Viele Ineffizienzen ergeben sich auch durch die unsichere Versorgung mit Rohstoffen und Energie. Da Qualität und Verfügbarkeit von Strom in oft nicht gegeben ist, kommt es immer wieder zu nicht planbaren Produktionsausfällen, die teilweise zu hohem Ausschuss führen (beispielsweise im Schmelzofen oder im Walzwerk). Zusätzlich müssen auch oft Energieträger eingesetzt werden, die zwar einfach verfügbar sind, aber negative Auswirkungen auf die Umwelt haben (beispielsweise Schweröl und minderwertige Steinkohle). Ein weiteres Problem ist die Verfügbarkeit von Arbeitskräften (sowohl skilled als auch unskilled workers).

Die Situation in Sri Lanka unterscheidet sich da deutlich. Das Interesse an Umweltschutz und Nachhaltiger Entwicklung ist im Land spürbar. An einigen Gebäuden in der Hauptstadt leuchten überdimensional die 17 Nachhaltigkeitsziele [1], der Anteil an Hybridfahrzeugen ist sehr hoch (bedingt durch massive Zollerleichterungen beim Import von Hybridautos).

Bei den metallverarbeitenden Betrieben (auch hier ein eher geschlossener Markt) ist Umweltschutz noch nicht sehr ausgeprägt, Druck zu Maßnahmen auf die Unternehmen kommt eher aus Gemeinden und von den Anrainern. Firmen die sicht- und hörbar die Umwelt belasten, müssen sich umstellen, Investitionen in entsprechende Maßnahmen tätigen, es wird auch schwieriger Fachpersonal zu bekommen. In der – in Sri Lanka sehr starken – Textilindustrie beispielsweise ist die Situation eine andere. Wer immer an internationale Handelsketten liefern will, muss sich auch mit internationalen Standards zu umweltfreundlicher Produktion und Produkten aber auch mit sozialen Themen und Arbeitssicherheit auseinander setzen.

Nachhaltige Entwicklung ist zugleich global und regional

Wir alle sind vertraut mit den 17 Nachhaltigkeitszielen / Sustainable Development Goals (SDG). Sie gelten global für Staaten, Unternehmen und die Zivilgesellschaft. Doch letztlich geht es auch um die Aufgaben, Probleme, Herausforderungen vor Ort, regional, betriebsspezifisch. Das gilt es zu erkennen und in die Projekte zur Ressourceneffizienz zu integrieren.

Die ‚Stimmung‘ zu Nachhaltiger Entwicklung und Umweltschutz, wird stark von der (politischen) Stimmung im Land und vom Markt (Druck durch Abnehmer, internationaler Wettbewerb,…) geprägt. Wenn die Versorgung mit Energie und Rohstoffen unsicher ist, besteht auch wenig Interesse an nachhaltigen Entscheidungen im Betrieb. Langfristige Planung bleibt aus und Investitionen werden in (politisch) unsicheren Zeiten kaum getätigt.

Die Unternehmen haben andere Schwerpunkte und reagieren auf andere Schlüsselworte. Dem tragen wir dadurch Rechnung, dass wir die Schwerpunktthemen der jeweiligen Betriebe aufgreifen und sie auf dem Weg zu unserem Überziel – Verbesserung der Ressourceneffizienz und damit verbesserte Arbeits- und Umweltbedingungen – mitbearbeiten. Das erreichen wir durch 2 Ansätze.

  • Erstens ‚respektvolles Zuhören‘, um die teilnehmenden Unternehmen und Ihr Schwerpunkte besser zu verstehen.
  • Zweitens dadurch, dass auch in der Öffentlichkeitsarbeit und den Trainingsunterlagen auf diese Schwerpunkte fokussiert wird.

Vom Start weg definieren wir die regionalen Schwerpunkte, die Schlüsselthemen und –begriffe. So wird jedes Projekt in den Aufgaben und in der Sprache individuell. Das ist Teil des Erfolgsrezeptes. Es gibt kein Beratungsprojekt von der Stange. Wenn beispielsweise „Umweltschutz“ kein zentrales Thema ist, sondern die Problematik der Stromversorgung, dann unterstützen wir die Betriebe in der Umsetzung zu einer effizienteren, verlässlichen, ökologischeren Stromversorgung. Das bringt den Betrieben verbesserte Produktionsmöglichkeiten, Effizienzsteigerung, Kosteneinsparung und optimiert damit den Profit. Dass dies auf umweltverträgliche Weise und unter wertschätzender Einbeziehung der Menschen vor Ort geschieht, die zukunftsfähige Arbeitsmöglichkeiten vorfinden, ist unser Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. Auch wenn nicht immer explizit ‚Nachhaltigkeit‘ draufsteht, wo Nachhaltigkeit drin ist.

Apropos Zukunft

‚Respektvolles Zuhören‘ und ‚Flexibilität‘ stehen daher in der Ausbildung unserer jungen MitarbeiterInnen im Vordergrund. Wir achten darauf, ihnen das entsprechende Handwerkszeug fundiert beizubringen. Dies tun wir durch

  • unseren holistischen Ansatz
  • eine Abfolge von Trainingseinheiten und
  • intensiver Betreuung sowie Unterstützung bei der Arbeit vor Ort (bei Firmenbesuchen)

Österreichs Know-How bezüglich Abfallwirtschaft und Ressourceneffizienz ist international sehr gefragt. Austria Recycling hat 70 Jahre Erfahrung auf diesem Gebiet. Unser zweiter Erfahrungsschatz – die Integration wertschätzender Führungskultur – macht uns zu einem sehr gefragten Partner auf dem internationalen Beratungsparkett zu Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz.

Ich danke allen Vereinsmitgliedern, die durch ihre finanzielle und aktive Mitwirkung all dies ermöglichen.

Unternehmen, denen Ressourceneffizienz und nachhaltige Entwicklung wichtige Anliegen sind, lade ich herzlich ein, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Vielleicht passt eine Mitgliedschaft bei Austria Recycling zur eigenen Nachhaltigkeitsagenda. Ein kleiner finanzieller Beitrag kann große Wirkung erzielen.

Kontakt:
DI Stefan Melnitzky
Fon +43 / 1 / 214 56 00
www.austriarecycling.at

Quellen, Links, Erläuterungen – Zum Lesen bitte klicken

Austria Recycling – Erfolgsbericht 2016

METABUILD-Homepage

Mehr zu holistischer Moderation

Blog Artikel zu Projekt ‚Green Philippines‘

Blog Artikel zu Projekt ‚SEID‘

[1] Die Ziele für nachhaltige Entwicklung (englisch Sustainable Development Goals (SDGs)) sind politische Zielsetzungen der Vereinten Nationen (UN) und und traten am 1. Januar 2016 mit einer Laufzeit von 15 Jahren (bis 2030) in Kraft.

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